Erfahrungsberichte zu Rückführungen

Erfahrungsbericht einer Rückführung von Anna K.

Wie weit reicht die Seele? Strahlend blauer Himmel, Wochenendgefühle, die Autobahn erstaunlich frei … Mein Bruder Holger und ich sind auf dem Weg zu einer Rückführung. Wohin die Reise gehen wird? Wir sind gespannt! Am Ziel erwartet uns ein schnuckeliger Altbau, gegenüber ein vor Grün strotzender Park…

Erfahrungsbericht einer Rückführung von Hubertus F.

Tja, da lag ich nun auf einer weichen, bequemen Unterlage, eingehüllt in eine helle Wolldecke wie bei einem gemütlichen Mittagsschläfchen, neben mir meine „Reiseleiterin“ in die Vergangenheit und fragte mich zum hundertsten Male, was in aller Welt mich hierher getrieben hatte…

Voltaire (1694 – 1778)

„Die Lehre von der Wiederverkörperung ist weder widersinnig noch nichtssagend. Zweimal geboren zu werden ist nicht wunderbarer als einmal. Auferstehung ist das Eins und Alles der Natur.“

„Er wanderte über Meere mit unbegreiflicher Leichtigkeit; wunderliche Tiere sah er; er lebte mit mannigfaltigen Menschen, bald im Kriege, in wildem Getümmel, in stillen Hütten … Alle Empfindungen stiegen bis zu einer nie gekannten Höhe in ihm. Er durchlebte ein unendlich buntes Leben, starb und kam wieder, liebte bis zur höchsten Leidenschaft und war dann wieder auf ewig von seiner Geliebten getrennt.“

Immanuel Kant (1724 – 1804)

„Sollte die unsterbliche Seele wohl in der ganzen Unendlichkeit ihrer künftigen Dauer, die das Grab selbst nicht unterbricht, sondern nur verändert, an diesen Punkt des Weltraumes, an unsere Erde, jederzeit geheftet bleiben? Sollte sie niemals von den übrigen Wundern der Schöpfung eines näheren Anschauens teilhaftig werden? Wer weiß, ist es ihr nicht zugedacht, daß sie dereinst jene entfernten Kugeln des Weltgebäudes und die Trefflichkeit ihrer Anstalten, die schon von weitem ihre Neugierde so reizen, von nahem soll kennenlernen? … Wer weiß, laufen nicht jene Trabanten um den Jupiter, um uns dereinst zu leuchten?“

Aus die „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels“ von 1755

Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781)

„Warum sollte ich nicht so oft wiederkommen, als ich neue Kenntnisse, neue Fertigkeiten zu erlangen geschickt bin? Bringe ich auf einmal so viel weg, daß es der Mühe wiederzukommen etwa nicht lohnet? … Die Erinnerung meiner vorigen Zustände würde mir nur einen schlechten Gebrauch des gegenwärtigen zu machen erlauben. Und was ich jetzt vergessen muß, habe ich denn das auf ewig vergessen?“

Aus „Die Erziehung des Menschengeschlechts“

Johann Wofgang von Goethe (1749 – 1832)

„Wenn einer 75 Jahre alt ist, kann er nicht fehlen, dass er mitunter an den Tod denke. Mich lässt dieser Gedanke in völliger Ruhe, denn ich habe die feste Überzeugung, dass unser Geist ein Wesen ist ganz unzerstörbarer Natur; es ist ein Fortwirkendes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Es ist der Sonne ähnlich, die selbst unsern irdischen Augen unterzugehen scheint, die aber eigentlich nie untergeht, sondern unaufhörlich fortleuchtet.“

„Ich bin gewiss, wie Sie mich hier sehen, schon tausendmal dagewesen und hoffe wohl noch tausendmal wiederzukommen.“

„Sag, was will das Schicksal uns bereiten? Sag, wie band es uns so rein genau? Ach, du warst in abgelebten Zeiten meine Schwester oder meine Frau. Kanntest jeden Zug in meinem Wesen, spähtest, wie die reinste Nerve klingt, konntest mich mit einem Blicke lesen, den so schwer ein sterblich Aug durchdringt… Und von allem dem schwebt ein Erinnern nur noch um das ungewisse Herz, fühlt die alte Wahrheit ewig gleich im Innern, und der neue Zustand wird ihm Schmerz.“

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

„Waren unsre Wesen schon verflochten? War es darum, daß die Herzen pochten? Waren wir im Strahl erlosch’ner Sonnen, in den Tagen lang verrauschter Wonnen, schon in Eins zerronnen? Ja, wir waren’s Innig mir verbunden Warst Du in Äonen, die verschwunden; Meine Muse sah es auf der trüben Tafel der Vergangenheit geschrieben: Eins, mit deinem Lieben.“

Heinrich von Kleist (1777 – 1811)

„Es kann kein böser Geist sein, der an der Spitze der Welt steht; es ist ein bloß unbegriffener! Lächeln wir nicht auch, wenn die Kinder weinen? Denke nur, diese unendliche Fortdauer! Myriaden von Zeiträumen, jedweder ein Leben und für jedweden eine Erscheinung wie diese Welt! … Komm, laß uns etwas Gutes tun und dabei sterben! Einen, der Millionentode, die wir schon gestorben sind und noch sterben werden. Es ist, als ob wir aus einem Zimmer in das andere gehen.“

Richard Wagner (1813 – 1883)

„Nur die tiefsinnige Annahme der Seelenwanderung konnte mir den trostreichen Punkt zeigen, auf welchen endlich alles zur gleichen Höhe der Erlösung zusammenläuft, nachdem die verschiedenen Lebensläufe, welche in der Zeit getrennt nebeneinander laufen, außer der Zeit sich verständnisvoll berührt haben. Nach der schönen buddhistischen Annahme wird die fleckenlose Reinheit des Lohengrin einfach daraus erklärlich, daß er die Fortsetzung Parsifals – der die Reinheit sich erst erkämpfte – ist. Ebenso würde Elsa in ihrer Wiedergeburt bis zu Lohengrin heranreichen.“

Henry Ford (1863 – 1943)

Ich bin von der Reinkarnation überzeugt, seit ich 26 Jahre alt war. Was einige für eine besondere Gabe oder ein Talent zu halten scheinen, das ist nach meiner Ansicht die Frucht langer, in vielen Leben erworbener Erfahrung. Wir alle werden viele Male wiedergeboren, leben viele Leben, sammeln Erfahrungen und entwickeln uns weiter. Die scheinbar intuitive Gabe ist in Wirklichkeit das Produkt langer Erfahrung aus mehreren Reinkarnationen.

Benjamin Franklin (1706 – 1790)

Grabspruch des Erfinders des Blitzableiters: Hier ruht der Leib des Buchdruckers Benjamin Franklin als Speise für die Würmer, gleich dem Einband eines alten Buches, aus dem der Inhalt herausgenommen und seiner Aufschrift und Vergoldung beraubt ist. Aber das Werk selbst wird nicht verloren sein, sondern es wird wieder erscheinen in einer neueren, schöneren Ausgabe, durchgesehen und verbessert von dem Verfasser.

Werner Heisenberg (1901 – 1976)

Die moderne westliche Menschheit befindet sich auf einem Schiff, das aus so grossen Mengen von Eisen und Maschinen besteht, dass es die Nadel des Kompasses auf sich selbst ablenkt, so dass dieser den Weg nicht mehr weisen kann. In dieser Situation hilft es nicht, noch klügere Ingenieure auf die Kommandobrücke zu holen. Man muss sich nach den Menschen umsehen, die noch wissen, nach den Sternen zu navigieren.

Wie weit reicht die Seele?

Strahlend blauer Himmel, Wochenendgefühle, die Autobahn erstaunlich frei … Mein Bruder Holger und ich sind auf dem Weg zu einer Rückführung. Wohin die Reise gehen wird?  Wir sind gespannt!

Am Ziel erwartet uns ein schnuckeliger Altbau, gegenüber ein vor Grün strotzender Park: Domizil der Yogalehrerin und Spezialistin für Rückführungen. Ein herzlicher Empfang, gefolgt von einem Aufwärm-Gespräch, baut Vertrauen auf. Wir wechseln in den Meditationsraum, der von sanftem Licht geflutet ist. Weich auf riesigen Kissen gebettet und die Beine im rechten Winkel hochgelegt, entspanne ich mich langsam – mein Bruder streckt sich drei Armlängen entfernt auf einer dicke Matte aus und spitzt die Ohren.

Die Sitzung beginnt …

Mit ruhiger Stimme führt meine Resiseleiterin mich Schritt für Schritt tiefer in die Entspannung – bis in die Alpha Phase. Die Geräusche von außen dringen nur noch gedämpft durch, mein Körper fühlt sich immer leichter an, bis der Geist zu schweben scheint. „Gehen Sie fünf Jahre zurück. Was sehen Sie?“ Sofort erscheinen quälende Bilder der letzten Tage unserer Mutter und gleichzeitig kommt der Gedanke hoch: „Damit fange ich nicht an – zu schlimm, auch nach fünf Jahren immer noch zu nahe dran, um hier und jetzt darüber zu sprechen …“ Die Selbstzensur funktioniert noch, und ich erzähle statt dessen von einer anderen Erinnerung … In 5-Jahres-Einheiten geht es immer weiter Richtung Kindheit.

Schöne und schlimme Erfahrungen wechseln einander ab. Meine Reisebegleiterin führt mich mit sanfter Stimme, lässt mir Zeit, hakt bei traurigen Geschichten ein, stützt mich, regt behutsam neue Sichtweisen an, die selbst üblen Erfahrungen neue, konstruktive Seiten abgewinnen. Ich fühle mich gut aufgehoben und die Zensurinstanz in meinem Kopf beginnt sich langsam zu verabschieden. 

Als wir den Nullpunkt erreichen, verschwindet sie gänzlich. Während ich mich noch einen winzigen Augenblick darüber wundere, wie ich Erinnerungen aus dem Mutterleib haben könnte, tauchen die ersten Gefühle auf: die Liebe einer noch sehr jungen Frau zu ihrem ungeborenen Kind, gleichzeitig Zweifel, Einsamkeit, Traurigkeit, Stress – doch die Mutterliebe ist stärker, ich spüre es genau. Und dann verlassen wir auch diese schützende Hülle … „Gehen Sie weiter zurück.

Wo sind Sie jetzt? Was sehen Sie?“ Erstmal gar nichts. Und dann scheint tatsächlich nur noch der Geist zu existieren, keine Grenzen mehr zu haben, die Atmosphäre wird dichter, fast als könnte man sie greifen und doch ist da nichts Fassbares. Und dann scheint tatsächlich nur noch der Geist zu existieren, keine Grenzen mehr zu haben, die Atmosphäre wird dichter, fast als könnte man sie greifen und doch ist da nichts Fassbares.

Wir gehen noch weiter zurück … „Was sehen Sie jetzt? Lassen Sie sich Zeit …“ Zunächst ist da nur Dunkelheit, aber dann fühlt es sich an, als würde ich in einer fließenden Bewegung aus dem Seelen-Eldorado fort gezogen. Mein Kopf ist immer noch frei, fühlt sich an wie eine weiße Leinwand, die darauf wartet, bemalt zu werden. Die Bilder kommen langsam, als müssten sie einen Widerstand überwinden. Ich lande mitten in einer lebendigen, mit Sonne gefluteten Szenerie: Eine Horde junger, lachender Krieger stürmt auf ihren Pferden über eine Steppenlandschaft mit angrenzenden Wäldern. Sie tragen luftige Kleidung aus Leder, sind mit Pfeil und Bogen bewaffnet auf der Jagd. Und einer von ihnen bin ich.

Woher ich das weiß? Keine Ahnung. Das Gefühl ist so intensiv, dass es keinen Zweifel zulässt. Um den nächst gelegenen Wald auszukundschaften, prescht einer der Gefährten voran, verschwindet im dunklen Grün und kommt nicht wieder. Es ist ein Freund von mir, und so verfolge ich wenig später seine Spur … Ein kurzer Ausflug. Nach ein paar Metern unter dichten Baumkronen stürzt ein Maskierter mit Messer von oben herab und beweist Zielsicherheit. Ich muss nicht lange leiden – tatsächlich spüre ich weder Schmerz noch Trauer noch Angst, vielmehr scheine ich die Szenerie schon wieder von oben zu beobachten, als säße ich in einem Baumwipfel, und harre der Dinge, die da noch kommen.

Sie fragt nach ein paar Details und ob ich jemanden wiedererkenne? Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass der vermisste Freund mein Bruder gewesen ist … und dann machen wir uns wieder auf den Weg, weiter Richtung Vergangenheit … die Sitzung endet mit einem versöhnlichen Bild: fünf vergnügt spielende Kinder am idyllischen Ufer eines träge dahin fließenden Flusses, behütet von einer wachsamen Mutter von beachtlicher Körperfülle, die wie der Fels in der Brandung in unserer Nähe thront …

Auch nach der Sitzung nimmt sie sich Zeit, um noch mal über das Erlebte zu sprechen. Zum Schluss fragt sie mich: „Was nehmen Sie mit?“ Meine spontane Antwort gilt noch heute: weniger Angst vor dem Tod. Als Holger und ich wieder im Auto sitzen, ist meine erste Frage trotzdem: „Bruderherz, auch wenn ich die Bilder vor der Geburt nicht kontrollieren konnte, ich weiß nicht – könnten ja auch symbolische Geschichten sein, die aus dem Unbewussten hochgestiegen sind.

Wie hast Du das denn empfunden?“ „Schwesterchen, mach Dir keine Sorgen. Was auch immer es war – das, was ich gehört und gesehen habe, hat mich total überzeugt. Nächstes Mal lasse ich mich zurückführen.“

Mit Dank für eine spannende Erfahrung, die ihre Spuren hinterlassen hat,

Anna Kastner

Erfahrungsbericht einer Rückführung von Hubertus F.

Tja, da lag ich nun auf einer weichen, bequemen Unterlage, eingehüllt in eine helle Wolldecke wie bei einem gemütlichen Mittagsschläfchen, neben mir meine „Reiseleiterin“ in die Vergangenheit und fragte mich zum hundertsten Male, was in aller Welt mich hierher getrieben hatte und ob ich vielleicht ein bisschen gaga war.

Dazu kurz zu meiner Person: Ich bin männlichen Geschlechts, habe Betriebswirtschaft studiert und arbeite seit fast drei Jahrzehnten in einem großen Konzern mit Personalverantwortung. Also gar nicht so gaga! Alles hatte vor etwa zwei Wochen angefangen. Beim Surfen im Internet war ich auf einen Bericht über Rückführung gestoßen, eine Rückführung in ein früheres Leben. Reiner Zufall und doch auslösend für alles Weitere. Schon früher hatte ich im Fernsehen Berichte über Rückführungen gesehen, auf der einen Seite mit einer guten Portion Skepsis, auf der anderen Seite aber auch mit einer ebensolchen Portion Neugier.

Nun brachte mich dieser Bericht im Internet wieder auf dieses Thema. Ich surfte kurz entschlossen weiter und landete auf dieser Webseite. Die Seiten weckten meine Neugier. Die Adresse in der Nähe – ohne großen Aufwand mit dem Auto in kaum einer halben Stunde zu erreichen – führte erstmals zu der Überlegung, selbst eine Rückführung durchführen zu lassen. Ich surfte weiter, fand andere Rückführer, die ebenfalls in der Nähe liegen, doch letztendlich entschied ich mich für sie.

Der Griff zum Telefon erfolgte impulsiv ohne langes Überlegen. Jetzt oder nie. Die Reiseleiterin beantwortete meine Fragen zur Rückführung – u. a. mit der Versicherung, dass ich bei der gesamten Rückführung keinen Kontrollverlust befürchten müsste und letztendlich vereinbarten wir einen Termin für den übernächsten Samstag. Andere Aufgaben drängten in den nächsten Tagen den Gedanken an die Rückführung in den Hintergrund, doch zwischenzeitlich fragte ich mich immer wieder mal, ob ich nicht doch einfach den Termin absagen sollte, weil das vielleicht schlichtweg alles Quatsch ist.

Noch kurz vor der Rückführung, vor der Tür des „Reisebüros“, das mich zurück in die Vergangenheit katapultieren sollte, fragte ich mich erneut, ob ich nicht wirklich eine Schraube locker hatte. Oder sogar mehrere. Schließlich stand ich knapp davor, mich bei einem wildfremden Menschen auf die Couch zu legen und mein Innerstes offen zu legen. Und das freiwillig. Aus purer Neugier, ob da vielleicht früher wirklich mal ein Leben war. Ich war nicht ängstlich, aber doch gehörig verunsichert.

Zwei Minuten später stand ich meiner „Reiseleiterin“ gegenüber und war augenblichlich erleichtert. Sie war keine – wie insgeheim befürchtet – tortengeschwängerte, räucherkerzenrauchumhüllte Esoteriktante, umringt von Glaskugeln, sondern eine zierliche, sympathische, attraktive Frau mit Kind und Kegel, ohne Hakennase und Buckel, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, wie ich nach kurzem Gespräch feststellte.

Soweit, so gut. Nun lag ich also hier, unter einer Wolldecke, neben mir im Schneidersitz meine „Reiseleiterin“, die kurz eine Sprechprobe durchführte, da die ganze Rückführung auf CD aufgenommen wird, um dem Rückführenden auch Wochen oder Monate später nochmals die Möglichkeit zu geben, alles zu reflektieren. Mit einem locker auf den Augen liegenden Tuch zur Verbesserung der Konzentration und Abschottung von Umgebungseinflüssen folgten kurze meditative Einstimmungsübungen mit Augenmerk auf den eigenen Körper und die Atmung.

Ich hegte Zweifel, ob es bei mir überhaupt klappen würde, hatte Schwierigkeiten innerlich ruhig zu werden, doch nach einer für mich gefühlten, endlosen Zeit (in Wirklichkeit nur drei Minuten, wie ich später erfuhr) tauchten nach der Einstiegssequenz die ersten Bilder in meinem Kopf auf. Räume zuerst, Gegenstände, ich selbst, Familienmitglieder, andere Personen, dann Strassen, weitere Gebäude, Lebensumstände, Teile von Namen und auch vollständige Namen.

Fast parallel zeigten sich zwei Leben, eines am Anfang des 20. Jahrhunderts um die Jahre 1900 bis 1905, ein Zweites etwa im 17./18. Jahrhundert. Meine Reiseleiterin führte mich behutsam durch die Zeit und Fragmente dieser Leben. Mit viel Feingefühl half sie mir über Klippen, wenn es nicht weiterging oder baute Brücken. Manches öffnet sich, manches blieb auch im Dunkeln.

Die ganze Zeit der Rückführung hielt sich eine hohe Spannung in meinem Körper, ich spürte die Muskeln in den Armen und Beinen, meine Hände wurden zwischenzeitlich für Minuten eiskalt, und meine Fingerkuppen drückten sich krampfhaft in die Unterlage. Ich war hochkonzentriert, oft dauerte es minutenlang bis neue Szenen, neue Bilder vor meinem inneren Auge auftauchten, doch ich blieb jeden Augenblick Herr über meine Sinne und in der Lage, jederzeit abzubrechen.

Nach einer Dauer von zwei Stunden (selbst gefühlt: eine Dreiviertelstunde) und einem anschließenden resümierenden Gespräch endete die Rückführung. Ähnlich wie nach einer langen Reise mit Eindrücken und Erfahrungen, die nicht sofort in der Gänze zu verarbeiten sind, sondern sich im Laufe der nächsten Wochen möglicherweise sogar weiterentwickeln. Am nächsten Tag recherchierte ich im Internet, suchte nach Namen, die von mir während der Rückführung genannt wurden, speziell den Namen einer Bank, bei der ich in einem Leben gearbeitet hatte. Und siehe da, die Bank gibt es wirklich. Mal sehen, ob noch mehr herauskommt.

Mein Fazit: Eine Rückführung ist ein kleines Abenteuer – als buche man eine Reise mit unbekanntem Ziel. Wichtig dabei ist, den/die richtige Rückführerin auszuwählen, denn wie zuvor beschrieben, öffnet man sich einem wildfremden Menschen. Ich hatte das Glück, an die Richtige geraten zu sein und möchte im Nachhinein gesehen, diese Erfahrung nicht missen.

 Erfahrungsbericht einer Rückführung von Herrn Röttger

DIE GÜTE

Als ich die Augen aufschlage, liege ich auf einem lichtungsartigen Platz am Waldrand. Es dauert, bis ich meine Umgebung wirklich wahrnehmen kann. Ich werde wach von der Frage eines Fremden, eines sehr Fremden: „La cité c’est par où?“, spricht er mich an. Französich scheint eine allgemein bekannte Sprache neben den lokalen Zungen zu sein. Ich verstehe es, aber spreche eigentlich anders im Alltag. Wo geht’s zur Stadt?

Ich schaue an mir herunter. Meine Füße stecken in leicht ballonförmigen Lederschuhen, dazu sonst nichts weiter als ein Gewand. Ich bin ein junger Mann, deutlich unter 30, hatte einen speziellen Auftrag von meinen Eltern, in dem Wald etwas zu besorgen. Ich glaube, zu jagen oder bestimmte Pflanzen oder Kräuter mitzubringen. Aber ich habe lieber gepennt und gefaulenzt. Wie so oft.  Ja, die Stadt! Weit ist sie nicht und ich komme aus ihr. Der Fremde sieht wirklich extrem fremd aus. Dunkle Augen, dunkle Haare, ein dichter dunkler Bart, ein rotes, eher kostbares Gewand, eine Art Turban oder Tuch um den Kopf gewickelt, auch aus feinstem Stoff und das gütigste aller gütigen Lachen mit blitzenden weißen Zähnen, in einem von gütigen Lachfalten gezeichneten Gesicht nehmen mich sofort für ihn ein! Eine solche Güte habe ich noch nie gesehen oder gefühlt.

Natürlich begleite ich ihn gerne in die Stadt. Er kommt von weit her und hat dort einen Termin bei einem der hier Mächtigen. Wer das ist, ist mir egal. Dank meiner Bekanntheit kommt er mit mir gemeinsam auch problemlos durch das Stadttor. Ich höre das Lästern der Wachen: „woher kennt DER denn SO einen?“. Er ist zu vornehm für mich. Ich stamme aus einer Familie, die mal wohlhabend und einflussreich war. Wir wohnen in einem etwas runtergekommenen Steinhaus mit mehreren Ebenen innerhalb der Stadt. Vor Augen sehe ich nur meine kleine Schwester. Sie ist ein lustiger Teen. Wir lachen manchmal den ganzen Tag und leben in unserer eigenen Welt. Ich bringe den Fremden zur Palastwache, wo der Mächtige wohnt, den er sehen muss. Nicht aber ohne mich mit ihm zu verabreden. Wir sehen uns! Er gibt mir um Dank eine rote, dicke Kupfermünze. Viel zu viel! Die Wache lässt ihn auch dort passieren. Er ist eine Art Diplomat aus dem nördlichen Afrika. Natürlich lästert auch die Palastwache: „Woher kennt DER denn SO einen?“.

Mein Zimmer ist ein notdürftig mit einer Art Plane aus Tierhaut abgedeckter Teil des ehemals großzügigen Hauses; das Dach gibt es nicht mehr. Aber es ist meins. Der Boden ist gestampfter Lehm, an einigen Stellen wächst auch Gras. Am Abend treffe ich wie immer meine Kumpels auf einer Art Marktplatz bei einem Brunnen. Da hocken wir dann, quatschen und vor allem saufen uns voll. Immer abwechselnd wird ein Schlauch Wein „organisiert“. Wie das geht, wissen wir ganz genau. Irgendwann in den nächsten Tagen treffe ich den Fremden wieder. Als nächstes sehe ich mich mit ihm auf Reittieren auf einer langen Reise. Ich bin mit ihm gegangen!

In seiner weit, weit entfernten Heimat arbeitet er am Hof eines dortigen Mächtigen, umgeben von Wüste. Wer das ist, ist auch egal. Er arbeitet den ganzen Tag als privater Sekretär und Berater für ihn. Mich hat er zum arbeiten gut untergebracht. Ich helfe in der Landwirtschaft in einer Arbeitskolonne. Die Arbei ist hart, aber das spielt überhaupt keine Rolle. Nach Einbruch der Dunkelheit kann ich ihn in seiner Wohnung besuchen. Die Nacht gehört IMMER uns. Dann unterrichtet er mich in Sprachen, lesen, schreiben, Geisteswissen, erklärt das ständig wechselnde Firmament und deutet mir die Sterne. Irgenwie weiß er alles! Aber was mich hier hält, ist unbeschreiblich: es ist diese einzigartige Güte, die von ihm ausgeht, und die gar nicht weniger wird. Im Geist ist es wie ein tiefes Verschmelzen.

So geht es ein paar Jahre.

Irgendwann ändern sich plötzlich die Machtverhältnisse und ich muss schlagartig fliehen, wenn ich mein Leben retten will. Ich habe ihn nie wieder gesehen danach. Es gab auch keinen Abschied. Auf einem Reittier erreiche ich nach Wochen total erschöpft meine alte Heimat, irgendwo in der südeuropäischen Ebene. Sobald es hell ist, suche ich mein Elternhaus in der Stadt auf. Es steht zwar noch, aber fremde Leute wohnen dort.Ich suche und suche. Alle sind weg.

Irgendwann treffe ich einen der alten Kumpels. Er ist verheiratet und hat einen Stall voll Kinder. Kurz angebunden erklärt er mir: die Eltern sind tot. Die Geschwister fort gezogen. Die lustige kleine Schwester an einen Bauern in der Region verheiratet. Ich bin sehr traurig. Durch den Kontakt mit der Schwester finde ich eine Arbeit als Knecht in der Landwirtschaft. Ich heirate und habe Kinder. Die Familie ist sehr in Ordnung. Von den Jahren in der Wüste erzähle ich niemandem.

Aber innerlich lebe ich aus diesen Jahren. Die Erinnerung nährt mich. Nie habe ich irgendjemandem von all dem erzählt. Nie habe ich mein erlerntes Wissen geteilt. Ich habe es wie einen Schatz für mich verwahrt, von dem ich zehre und lebe. Es war meine Nahrung.

Irgendwann sehe ich mich stark blutend aus mehreren Körperöffnungen. Ich bin um die 50. Es geht schnell. Liebe Menschen stehen um mich herum, aber können nichts mehr für mich tun. Mit dem heimlichen inneren Reichtum der Wüstenjahre schwebe ich fort aus dem Körper, der zurückbleibt. Es gibt keinen Schmerz und keine Reue. Nur Dankbarkeit, Freude und tiefen Frieden. Das war ein gutes Leben!

Für die Erfahrungen bin ich sehr sehr dankbar. Alles wirkt noch nach und „arbeitet“ weiter in mir. Das wird auch noch was dauern….

2. Erfahrungsbericht einer Rückführung von Herrn Röttger

PURA

(…) als es nach einigen Stationen des jetzigen Lebens in die Zeit vor meiner Zeugung zurück geht, wird es zunächst ein bisschen dunkelgrau; jedoch nicht unangenehm. Ich bin umgeben von Wärme und fühle mich wie in einer Art Schlauch, der von innen mit rau-weicher, dehnbarer Elefantenhaut ausgekleidet ist. Eine ganze Zeit lang passiert gar nichts. Einen Lichtschimmer ahne ich hinter einer Biegung dieses Schlauches. Ein wirklich leichtes Schimmern nur. Ich nähere mich dieser Rechtskurve und das Licht wird erst stärker, dann taghell. Ich folge der Krümmung.

Als nächstes sehe ich mich am Ufer eines Sees oder einer flachen, weiten Meeresbucht stehen. Als ich den Blick hebe, sehe ich über mir einen begrünten Berg mit einem Wasserfall, wobei das Wasser aus dem offenen Ende des Schlauches oder Rohres quillt, in dem ich eben noch war, und von dort aus in den See tropft. Ein irreales Bild. Es dauert, bis es sich ein wenig zusammenfügt. Außerdem sehe ich eine weite, flache Landschaft, nur dieser eine grüne Berg ragt empor. Eine rege Vegetation in vielen Farben nehme ich wahr, zudem grün-blaues Wasser, sehr intensive Farben. Es kommt mir kitschig vor wie auf einer Postkarte. Eine ausgedehnte Landzunge umgeben von Wasser an drei Seiten.

Ich schaue an mir herunter: Riemenlatschen stehen auf sandigem Boden am Ufer des Wassers. Ich sehe meine Beine. Ich bin ein Mann. Dann eine Art kurzes Gewand, in der Mitte eine große Schnalle aus mattem Metall. Ich kann mich von außen sehen: Ein Mann in seinen Dreißigern mit langem Haar. Ich sehe gut aus. Mein Dorf kann ich schemenhaft in Sichtweite ahnen – in flimmernder Luft. Überhaupt wird alles nur sehr langsam deutlich, so als hätte man sich gerade die Augen mit Tropfen gespült und bräuchte eine Zeit, bis man wieder klar sieht.

In dem Dorf bin ich zu Hause. Wenige Hütten, keine Läden. Was man braucht, macht man oder besorgt man sich. Ich glaube, ich kann weder lesen noch schreiben, aber das habe ich auch noch nie gebraucht. Ich sehe eine sehr einfache Hütte aus Holzstämmen und mit Stroh oder Reisig gedeckt. Das ist mein Haus. Innendrin ist nur ein einziger Raum. Mit Fellen ausgelegt finde ich mehrere Bettlager. Ein Haufen Kinder trollt herum, nicht näher zu erkennen in Zahl und Geschlecht. Meine Frau klopft gerade einen Teigfladen platt, der in der Glut eines Feuers gebacken wird. Ihr Gesicht wird langsam erkennbar. Schmal, länglich, braune Augen, langes dunkles Haar. Die Stimmen überschlagen sich im Durcheinander einer sehr fremd klingenden Sprache.

Irgendwann kommt ein Durchreisender zu Gast. Solche gibt es dort öfters. Schwarz gewandet und nicht einheimisch reisen sie durch die Gegend über die Wasser und das Land. In ihrem Umhang haben sie eine Art von Ware, eher kleinteilig und leicht, sehr fein gearbeitet. Der Durchreisende isst mit uns und erzählt. Zwischendurch bohrt er mit einem knöchernen Zahnstocher in den Zwischenräumen seines kräftigen Gebisses.

Er gibt eine Warnung! Offenbar wurden andere Dörfer in der Gegend schon von Fremden überfallen und zerstört. Die Bewohner sind geflüchtet oder wurden getötet. Er geht am nächsten Morgen Richtung Wasser und wird seine Reise fortsetzen. Übers Wasser an das nächste Land. Meine Frau schaut mich an. „Pura!“, sagt sie mir ins Gesicht. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Ein Name? Mein Name? Es bleibt das einzige gesprochene Wort, das ich wahrnehmen kann. Es klingt energisch und wichtig: „Pura!“ Nie gehört. Als nächstes ist es Nacht. Die ganze Familie schläft in der Hütte in dem einen Raum. Geräusche werden hörbar. Dann Krachen und Klingen und laute Schreie. Irgendwann wird unsere Haustür aufgestoßen. Im Dunkel werden Konturen sichtbar.

Ein größerer, fremder Mann steht in der Tür. Anders als wir hier sieht er aus. Feingliedriger, aber kräftiger auch. Europäisch wahrscheinlich. Er trägt eine Art Brustpanzer und einen metallenen Helm mit filigranem, flachem Aufsatz in Form eines Wappens.  So füllt er den ganzen Türrahmen. Einen Moment lang friert das Bild vor mir ein. Wie auf „Pause“ gedrückt bleibt es einfach stehen. Als es weiter geht, schwingt er mit seiner rechten Hand seinen großen runden Stein, der in eine dicke Kordel eingefasst ist wie in einem Netz mit Leine. Er holt aus und schlägt mit den Schwüngen des Steins um sich. Bis alle still sind. Keiner lebt mehr, ich glaube im ganzen Dorf nicht.

Als nächstes schwebe ich über meinem zerstörten Haus. Ohne Körper. Leicht und durchsichtig. Wir werden immer mehr. Auf allen Seiten kommen andere Seelen hinzu, auf gleicher Höhe schwebend. Sie glänzen wie die Haut einer Seifenblase und sind von elliptischer Form. Wir schweben da gemeinsam. Ich glaube, wir kennen uns. Ich spüre weder Schmerz noch Trauer. Es ist einfach so wie es ist. Alles ist gut.

Für die Erfahrungen bin ich sehr sehr dankbar. Alles wirkt noch nach und „arbeitet“ weiter in mir. Das wird auch noch was dauern….

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